Nici ist zuerst an der Reihe, schließlich wartet die Arme nun schon seit gestern Abend auf ihr Feedback. Ich vertreibe mir die Zeit damit, mit ein paar meiner Mitschüler am Wasserloch zu sitzen und den Elefanten beim Baden zuzusehen, bis Ian mich schließlich zu sich ruft. Als ich zu ihm gehe, kommt mir Nici entgegen, ihr Gesicht sieht nicht gerade begeistert aus und als ich sie im Vorbeigehen fragend ansehe, zieht sie nur kurz die Augenbrauen nach oben. Ich weiß nicht, was ich daraus schließen soll, aber es macht mir nicht gerade Mut. Ich gehe zu Ian, der sich an einem der Tische im Schatten eines großen Baumes niedergelassen hat, vor ihm einen Stapel Blätter. “Guck mal”, sagt Ian und deutet nach oben in den Baum. Ich folge seiner Geste mit meinem Blick und sehe zwei African Barred Owlets (Kapzwergkäuze), die in den Ästen über uns sitzen und mit grimmigen kleinen Gesichtern auf uns herunter schauen. “Als Nicoline aufgestanden ist, hat eine von ihnen genau da hin gekackt, wo sie gesessen hat”, sagt Ian belustigt.” Oh”, sage ich lachend und setzte mich lieber nicht genau unter die kleinen Vögel.

“Also”, sagt Ian dann mit ernster Miene, “was glaubst du denn, wie dein Drive gelaufen ist?”.D iese Frage habe ich immer gehasst. Schon in der Schule fand ich es super nervig, wenn die Lehrer uns bei der Notenvergabe nach einer Selbsteinschätzung gefragt haben.
“Ich denke, es lief sehr gut”, sage ich und klinge hoffentlich selbstbewusst. “Mein Guest Check und Safety Briefing waren, soweit ich weiß, komplett. Ich hatte natürlich nicht damit gerechnet, dass wir die Wild Dogs tatsächlich finden und es war das erste Mal, dass ich so eine Situation managen musste”, fahre ich fort, “aber ich habe es so gut gemacht wie ich konnte. Ich hätte die Dinge bestimmt etwas mehr miteinander verbinden können”. Ian sagt erstmal nichts und schaut mich nur an. “Aber so du guckst, habe ich bestimmt doch etwas vergessen”, füge ich hinzu, als ich seinen Blick sehe. Ein Lächeln schleicht sich auf Ians Lippen. “Also, fangen wir mal vorne an”, sagt er. “Was hast du bei deinem Guest Check und deinem Safety Briefing vergessen?”. Ich überlege kurz. “Ich dachte eigentlich, nichts”, sage ich dann und denke mir “hab ich doch gerade gesagt”. “Drogen und Waffen”, sagt Ian und schaut mich erwartungsvoll an, als sollte es mir jetzt wie Schuppen von den Augen fallen. Ich blicke ihn nur verständnislos an. “Drogen und Waffen?”, frage ich. “Drogen und Waffen”, wiederholt Ian. Als ich immer noch nicht die gewünschte Reaktion zeige, erklärt er: “Du musst beim Guest Check fragen, ob deine Gäste Waffen dabei haben, weil diese dann ggf. weggeschlossen werden müssen. Und natürlich dürfen deine Gäste weder vor noch während des Drives Drogen konsumieren. Das ist ein wichtiger Teil deiner Briefings, den du vergessen hast”. Ich schaue Ian nur verdattert an. “Ich sage meine Briefings jetzt seit zwei Monaten auf. In diesen zwei Monaten hatten wir nicht weniger als zehn verschiedene Instructors. Und nicht einer dieser Instructors hat uns jemals gesagt, dass wir das in unserem Briefing sagen müssen.” Ian stellt das nicht in Frage, sondern macht sich nur eine kurze Notiz.

Dann geht er seine Liste weiter durch. Er bemängelt, dass ich nicht alle geforderten Themen eingebaut habe und dass ich “nur” über drei verschiedene Bäume und ein paar Säugetiere etwas erzählt habe. Ich antworte ihm ganz ehrlich, dass ich es für kaum möglich halte, in einem dreistündigen Drive alle geforderten Themen unterzubringen, ohne dass es komisch und gezwungen wirkt. Außerdem wurde ja ein großer Teil meines Drives von dem Wild Dog Sighting eingenommen, was etwas Besonderes ist und explizit von einem meiner Gäste gewünscht war. Ich erkläre ihm, dass ich unsere Zeit mit den Wild Dogs nicht vorzeitig beenden wollte, um stattdessen etwas über die örtlichen Gräser oder die Geologie der Region zu erzählen. Außerdem habe ich das Gefühl, dass mein Drive insgesamt gut gefüllt war. Es gab keine längeren Abschnitte, in denen wir nur gefahren sind ohne etwas Interessantes zu sehen. Es ist also sicherlich keine Langeweile aufgekommen. Ian hört mir aufmerksam zu und macht sich auch hierzu eine kleine Notiz, die ich leider nicht lesen kann. Kurz frage ich mich, ob er notiert, dass ich gut begründen kann, was ich warum getan habe, oder ob er schreibt, dass ich meine Fehler nicht einsehe und vollkommen kritikunfähig bin.

Ian bemängelt noch ein paar Kleinigkeiten, für andere Dinge lobt er mich. Zum Beispiel für mein Hosting bei unserer Kaffee-Pause, den Umgang mit meinen Gästen und meinen allgemeinen Enthusiasmus. Schließlich lobt er noch meine ausgiebigen Safety-Checks, bevor ich meine Gäste aussteigen ließ und dass ich meinen Gästen Hilfe beim Aussteigen angeboten habe. “Danke, Jon-Jon”, denke ich und muss grinsen.

Am Ende unseres Gesprächs gibt Ian mir ein paar Hausaufgaben. Ein paar Fragen, die ich während des Drives nicht beantworten konnte, muss ich nun nacharbeiten und außerdem Recherche über die Geologie der Drakensberge betreiben. Die Ergebnisse soll ich meinen Gästen vor dem Mittagessen präsentieren.

Ich bedanke mich für sein Feedback und gehe zu unserem Zelt. Mir schwirren tausend Gedanken im Kopf rum. Insgesamt war das Feedback zwar nicht schlecht und ich bin mir relativ sicher, dass ich bestanden haben sollte. Aber trotzdem bin ich sauer, dass Ian mir meine gute Laune verhagelt hat. Ich habe meinen Drive als richtig gut empfunden und war danach ganz euphorisch, was auch durch das Feedback meiner “Gäste” bestätigt wurde. Jetzt kann ich plötzlich nur noch daran denken, was ich alles hätte besser machen können.

Im Zelt treffe ich auf Nici, dessen Gesicht genau meine Gedanken wiederspiegelt. “Drogen und Waffen?”, rufe ich, als ich rein komme. “Drogen und Waffen”, erwidert sie. Wir tauschen uns kurz über unser Feedback aus und bauen uns gegenseitig wieder auf. Dann machen wir uns an unsere Hausaufgaben. Jedenfalls versuchen wir das, müssen aber schnell feststellen, dass die Bibliothek von Pridelands nicht halb so gut ausgestattet ist wie die in Karongwe es war. Gerade zum Thema Geologie ist hier nicht viel zu holen, was ein Problem ist, weil Nici und ich beide etwas zur Geologie der Drakensberge herausfinden sollen. Ein Buch zu genau diesem Thema gibt es natürlich nicht. Dass es hier so gut wie kein Internet gibt, macht die Recherche nicht gerade einfacher. Wir setzen uns also resigniert an den Tisch am Wasserloch und wälzen ein Buch nach dem anderen. Frustrierend langsam finden wir in den verschiedenen Büchern hier und da einen Satz oder eine Information, die wir gebrauchen können. Unsere Laune wird dabei immer schlechter.

Während wir dort sitzen, kommt Louie zu uns. Er hat ebenfalls gerade Feedback von seinem Prüfer G erhalten, sieht aber deutlich zufriedener damit aus als Nici und ich. Als wir ihn fragen, wie es gelaufen ist, antwortet er nur: “Ja, G fand’s super. Er sagt, er hat mir die zweithöchste Punktzahl gegeben, die er je vergeben hat und ich muss keine Recherche-Hausaufgaben machen”. Nici und mir steht erstmal der Mund offen. Als wir uns wieder gefangen haben, gratulieren wir Louie und freuen uns für ihn. Aber wir sind auch ziemlich neidisch, dass er so einfach geschafft hat.

Ich will gar nicht Louie’s Fähigkeiten in Frage stellen, er ist ein großartiger Guide und ein geborener Entertainer, der wirklich jeden mit seiner guten Laune anstecken und jeden noch so ereignislosen Drive in ein unterhaltsames Erlebnis verwandeln kann. Aber es wird auch schon am zweiten Tag der Prüfungen deutlich, dass Ian und G sehr unterschiedliche Maßstäbe setzen. Wenn der Prüfling bei G etwas nicht weiß, nimmt G ein “Timeout” von der Prüfung, erklärt alles und lässt die Prüfung dann weiterlaufen, so wie er es bei Daniel getan hat. Ian schreibt sich lediglich jede Wissenslücke auf und erwartet, dass der Prüfling anschließend selber recherchiert.

Nici und ich quälen uns also weiter durch die Bücher, bis es schließlich Zeit ist, unsere Ergebnisse zu präsentieren. Kurz vor dem Mittagessen trommeln wir unsere Gäste erneut zusammen. Nici macht den Anfang und füllt alle Lücken, die sie Ians Meinung nach auf ihrem Drive offen gelassen hat, danach bin ich dran. Als ich Ian sage, dass Nici und ich die Recherche zum Thema Drakensberge gemeinsam gemacht und dementsprechend die gleichen Ergebnisse haben, muss ich diese zum Glück nicht noch einmal vortragen. Stattdessen hat Ian auf einmal eine neue Überraschung für uns parat. “Ich will von euch beiden jeweils zwei Arten hören, wie ihr ohne einen Kompass die Richtung bestimmen könnt, wenn ihr euch im Busch verlaufen habt. Allie, du zuerst”.

What the fuck! So eine Art von spontanem Test musste bisher noch niemand machen. Warum grillt Ian ausgerechnet Nici und mich so sehr? Zum Glück weiß ich die Antworten, sodass mich seine Frage nicht allzu sehr aus der Bahn wirft. Abwechselnd nennen Nici und ich ihm vier Methoden, wie man im Busch anhand der Sonne, Termitenhügeln, Vogelnestern und anderen Hilfsmitteln die Richtung bestimmen kann und Ian scheint zufrieden zu sein. Endlich lässt er uns gehen und wir haben auch den letzten Teil der Prüfung hinter uns. Jetzt können wir an unserem Ergebnis nichts mehr ändern.

Wenig später ruft Ian mich dann erneut zu sich. Wieder setze ich mich ihm gegenüber an den Tisch unter dem großen Baum. Mein Herz hämmert in meiner Brust. Ich habe eigentlich keine Angst, dass ich durchgefallen sein könnte, schließlich habe ich keinen groben Fehler gemacht, der die Sicherheit meiner Gäste oder eines Tiers gefährdet hat. Aber wie immer kann ich Ians Gesicht nichts ablesen.
Als ich mich setze, schiebt er mir einen Stapel Papiere hin und zeigt mir, wo ich unterschreiben soll. Dabei fasst er kurz zusammen, was genau ich da überhaupt unterschreibe, aber das höre ich alles kaum. Ich setze überall brav meine Unterschrift, weiß aber immer noch nicht mein Ergebnis. Als ich auf eines der Papiere aus Versehen das falsche Datum schriebe, fragt Ian “Warum bist du denn so nervös? Du hast doch bestanden”. Ich halte inne und blicke ihn an. “Oh, das ist schön zu wissen. Hättest du das Gespräch nicht damit eröffnen können?”, entgegne ich und er lacht. “Dachtest du etwa, du wärst durchgefallen?”, fragt er. Eigentlich nicht, denke ich, aber du kannst einen ja schon verunsichern…

Auf einem der Blätter vor Ian sehe ich aus dem Augenwinkel eine Punktzahl. Ich kann nicht ganz erkennen, ob dort eine 86% oder 88% steht, aber es ist mir auch egal. Auf jeden Fall ist das Ergebnis sehr gut, vor allem für den Standard, den Ian scheinbar erwartet. Als alle Papiere unterschrieben sind, steht Ian auf. Ich erhebe mich ebenfalls und schüttle seine Hand, die er mir hin hält. “Herzlichen Glückwunsch, Allie. Du bist offiziell ein FGASA-zertifizierter Safariguide”.

Als ich zu Nici ins Zelt komme, muss ich gar nichts sagen, sie springt mir direkt in die Arme. “Wir haben’s geschafft”, ruft sie. “Wir haben’s geschafft”, lache ich.

In den nächsten Tagen können wir uns endlich zurücklehnen. Wir sind zwar noch als Gäste auf den Drives von Jenny und Domenik, aber die können wir ganz entspannt genießen und die beiden schaffen ihre Prüfungen ebenfalls im ersten Versuch. Auf diesen Drives haben wir auch die Möglichkeit Ian besser kennenzulernen und ich muss zugeben, seit er nicht mehr mein Prüfer ist, finde ich ihn auf einmal richtig nett. Klar, er ist immer noch streng, aber wenn man weiß, wie man seinen Sarkasmus und Humor zu nehmen hat, ist er auch sehr lustig. Außerdem ist Ian eine richtige Naschkatze und Nici und ich finden schnell heraus, dass wir ihn bei Laune halten können, indem wir auf den Prüfungs-Drives unserer Mitschüler unsere Kekse und Weingummis mit ihm teilen.

Je mehr von uns die Prüfung ablegen, desto klarer wird der Unterschied zwischen Ian und G als Prüfer. Auf den Drives mit G leisten sich ein paar meiner Mitschüler grobe Fehler, für die man normalerweise durchfällt, aber G lässt aus irgendeinem Grund alles durchgehen. Ian sagt selbst, dass mindestens Lucas die Prüfung bei ihm nicht bestanden hätte. Dass derart mit zweierlei Maß gemessen wird, ist natürlich nicht fair. Nici und ich entscheiden uns aber für die Perspektive, dass wir noch stolzer auf uns sein können, weil wir nicht nur irgendwie “durchgewunken” wurden. Wir haben Ians höheren Ansprüchen genügt und dann noch mit guten Ergebnissen.

Nach ein paar Tagen ist es geschafft und alle haben ihre praktische Prüfung bestanden. Jedenfalls alle, die es überhaupt versucht haben. Da Anka und Sophia den Level-1 Kurs vor ein paar Jahren schon gemacht haben, mussten sie die Prüfung nicht noch einmal ablegen, Fred hat sich dazu entschieden, den ganzen Kurs nur zum Spaß zu machen, ohne die Qualifikationen zu bekommen und Glauco hat auch für die praktische Prüfung entschieden, dass er mehr Zeit braucht als alle Anderen, er will die Prüfung erst in ein paar Monaten versuchen.

Wir Anderen haben es alle geschafft und von den achtzehn Leuten in unserer Gruppe sind fünfzehn nun offiziell qualifizierte NQF2 Safariguides. Nach den Prüfungen haben wir noch ein paar freie Tage in Pridelands, bevor unsere erste Off-Time, eine zweiwöchige Pause vom Kurs, beginnt. Ian und G bieten an, mit uns in diesen Tagen ein paar Walks zu unternehmen, natürlich freiwillig. Zuerst sind alle begeistert und nehmen das Angebot dankend an. Schon am ersten Morgen steht G allerdings um 6 Uhr am Tor und wartet vergeblich auf seine Gruppe. Scheinbar haben sie es sich alle über Nacht anders überlegst und wollen lieber ausschlafen. G ist darüber nicht gerade begeistert und bietet von da an keine weiteren Walks mehr an. Die üblichen Verdächtigen, also Nici, Jenny, Daniel und ich, stehen hingegen pünktlich bereit und wir machen uns mit Ian und seiner Frau Jasmin auf den Weg.
Auch wenn wir nicht sonderlich viele Tierbegegnungen haben, sind die Walks mit Ian und Jasmin großartig und machen unglaublich viel Spaß. Wir laufen durch die weiten Grasebenen von Boston, folgen den Rufen der Löwen durch die kühle Morgenluft und beobachten viele verschiedene Adler, für die vor allem Nici und ich unsere Begeisterung gefunden haben. Bei unseren Kaffeepausen ist die Stimmung ausgelassen und als Ian uns eröffnet, dass er einer unserer Instructors für den Trails Guide Kurs sein wird, freuen wir uns sehr darüber. Nach unserer Off-Time werden wir also noch einen Monat lang mit Ian und Jasmin zu Fuß unterwegs sein, diesmal in anderen Reserves, Makuleke und Selati. Unser zweiter Instructor wird Craig sein, den wir schon aus Karongwe kennen und auch das sind tolle Neuigkeiten. Als hätten wir uns nicht sowieso schon auf den Trails-Kurs gefreut, können wir ihn jetzt gar nicht mehr erwarten.

Eine weitere gute Neuigkeit ist, dass die Wild Dogs diesmal scheinbar nicht nur auf der Durchreise sind. Sie sind seit dem Tag meiner Prüfung im Reservat geblieben und haben sich sogar für unseren letzten paar Tage in Pridelands an unserem Wasserloch niedergelassen. Wir sind darüber natürlich begeistert. Wann hat man schonmal die Gelegenheit, beim Frühstück zu sitzen und dabei Wild Dogs zu beobachten? Die Elefanten sind über die Gegenwart der Raubtiere allerdings nicht sehr erfreut. Allerdings macht das die Sightings für uns nur noch besser, weil wir regelmäßig beobachten können, wie die jungen Elefantenbullen versuchen, die Wild Dogs zu verscheuchen. Die Dogs lassen sich davon aber wenig beeindrucken, was die halbstarken Bullen nur noch mehr aufzuregen scheint und das Ganze Spektakel ist sehr lustig zu beobachten.

Ein letztes Highlight erwartet uns noch vor unserer Abreise aus Pridelands: Der Besuch von Jaclyn. Jaclyn arbeitet für EcoTraining und koordiniert die Placements, also die Praktika, die die zweite Hälfte des Kurses darstellen. Ihre Aufgabe ist es, die Schüler an passende Lodges, Camps etc. zu vermitteln. Natürlich beschäftigt uns dieses Thema schon seit einer Weile, auch wenn das Placement erst Ende Juni beginnt. Die wenigsten von uns haben eine genaue Vorstellung davon, was sie machen möchten, geschweige denn, wo. Ich selbst bin eigentlich eher an einem Placement im Bereich Wildlife Research interessiert. Nicht, weil mir das Guiding keinen Spaß macht, sondern weil ich gerne noch etwas Anderes ausprobieren würde und der Kurs hat immer mehr mein Interesse an Research und Wildlife Conservation Arbeit geweckt. Leider bin ich damit nicht allein, inzwischen möchten die wenigsten meiner Mitschüler tatsächlich guiden und stattdessen eher in Richtung Research oder Conservation gehen, teilweise sogar Anti-Poaching.

Wir gehen also mit großen Erwartungen ins Lecture Tent, um Jaclyns Vortrag zu lauschen. Was wir dort hören, ist allerdings eher ernüchternd. Sie teilt uns mit, dass Placements im Bereich Research unglaublich schwer zu bekommen sind. Mit “Conservation” ist in Wirklichkeit “Conservation Management” gemeint, was Arbeiten beinhaltet wie in Reservaten Straßen und Zäune bauen und in Stand halten etc. Nicht gerade das, was wir uns darunter vorgestellt haben. Und Anti-Poaching sei sowieso so gut wie unmöglich, gerade für Internationals ist das keine Option. Das ist vor allem für Louie eine Enttäuschung, der gerne mit einer APU, einer Anti Poaching Unit, gearbeitet hätte. All das sind Optionen, mit denen EcoTraining für den Kurs wirbt und nun erfahren wir, dass es unglaublich schwierig ist, etwas anderes als Guiding für unser Placement zu machen. Die Stimmung nach dem Vortrag ist erstmal ziemlich gedrückt.

Später hat jeder noch ein Einzelgespräch mit Jaclyn, in dem sie uns besser kennenlernen möchte und wissen will, was wir uns für unser Placement wünschen. Eigentlich enden all unsere Gespräche gleich: Jaclyn gibt uns Hausaufgaben. Wir sollen während unserer Off-Time online recherchieren und ein paar Lodges raussuchen, bei denen wir gerne unser Placement machen möchten. Wir sind etwas verwirrt. Ist das nicht eigentlich ihre Aufgabe? Wie sollen wir bitte anhand einer Internetsuche eine passende Lodge für uns finden? Wo sollen wir da überhaupt anfangen? Wir alle haben uns mehr von Jaclyns Besuch erhofft.

Schließlich ist unser letzter Tag in Pridelands gekommen und alle packen ihre Koffer. Nachdem der übliche Kampf gegen die Reißverschlüsse gewonnen ist, gehen Nici und ich zum Lecture Tent. Als wir die Garagen passieren, sehen wir auf einmal einen neuen Wagen dort stehen. Nein, neu ist er nicht, wir haben ihn nur lange nicht mehr gesehen. Es ist der beigefarbene Landy, der an unserem allerersten Abend in Pridelands kaputt gegangen ist. “Wow”, sagt Nici, “was für ein Full circle moment”.

Als der Wagen gepackt bereit steht, um uns zum Gate zu fahren, gehe ich ein letztes Mal zum Wasserloch. Die Elefanten baden ausgelassen im Wasser, auf dem sich glitzernd die Sonne spiegelt. Man könnte fast meinen, es sei wieder unser erster Tag in Pridelands vor einem Monat, so ähnlich ist das Bild. “Full circle moment”, denke ich und muss lächeln. Einen großen Unterschied zum Tag unserer Ankunft gibt es natürlich: Ich bin jetzt Safariguide.